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«Il a suffi d'un oiseau qui s'enfuit / de sous les tiges lisses d'un sureau/ et qu'un instant il vole à ras l'eau verte / pour que je repense à toi, convaincu / comme tu l'étais qu' ‹une fin dans l'épouvante / vaut mieux qu'une épouvante sans fin› / (encore une annominatio, disque rayé).»
"Sinopie“ ist wie ein Wappen, das es zu entziffern gilt. „Sinopie“ (auf Deutsch: „Sinopien“) steht für ein bestimmtes, grünes Wappenemail. Ursprünglich bezeichnete „Sinopie“ jedoch die „in roter Erdfarbe auf dem Rauputz ausgeführte Vorzeichnung bei Mosaik und Wandmalerei“ (Duden). „Sinopie“ – das sind kümmerliche Spuren, die von der Welt, von uns bleiben, sobald die Freske vergangen ist. Spuren, die der Dichter aufsammelt. Giorgio Orelli interessiert sich für den versteckten Sinn, den die geheimnisvollen Spuren des Alltags enthüllen. In seiner Feder führt das Besondere, das Anekdotische immer zum Universellen. Orelli hat eine grosse Aufmerksamkeit für Orte (die Tessiner Landschaft, das ländliche oder städtische Leben), für die Natur, für die kleinen Begebenheiten des Alltags (das Fernsehen, das Forellenfischen, eine Reifenpanne) und gibt sie in einem – hinsichtlich der Metrik und den Lauten – ausserordentlich kunstvollen Stil wieder, der sie zu Fragmenten zugleich der Immanenz und der Transzendenz, des Besonderen und des Universalen werden lässt. Diese Gedichte sind wie kleine Erzählungen, in denen der Mikrokosmos den Makrokosmos spiegelt. So berührt „Sinopie“ auch globale Problematiken von heute wie die Stadtentwicklung, politische Korruption oder den Krieg. Die Sprache selbst, ein subtiles Gleichgewicht zwischen Raffiniertheit und Worten des alltäglichen Gebrauchs, in denen der Dialekt mit literarischen Referenzen in Berührung kommt, spiegeln diese Vielfalt. Fünfzehn Jahre hat Orelli für diese Gedichtsammlung benötigt. Erschienen beim berühmten italienischen Verlag Mondadori, ist das Hauptereignis seines Schreibens im Grunde sein zugleich klassischer und experimenteller Stil. Zeitgenössisch und klassisch in einem – so bleibt diese Lyrik auf der Höhe des Menschen, während sie zugleich eine grosse Gelehrsamkeit reflektiert.
(Julien Burri, übers. von Christoph Roeber)
Der Text ist erstmals 2013 in L'Hebdo Hors-série: «Littérature Suisse, 100 livres essentiels» erschienen.
Eine Auswahl der Gedichte aus «Sinopie» ist enthalten in: Giorgio Orelli: Sagt es den Amseln / Ditelo ai merli. Gedichte ital. / dt, ausgewählt und übersetzt von Christoph Ferber, Limmat Verlag, Zürich 2008
Übersetzung des Titels: Enthält u.a. eine Auswahl aus Sinopie
Limmatverlag, Zürich 2008
ISBN: 2-940133-44-1
Giorgio Orelli wird vornehmlich als Dichter rezipiert. Deshalb überrascht es nicht, dass auch seine …