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Trouvaille «Schreiben ist ausbrechen»
Zwischen November 1988 und April 1993 hat Vahé Godel jeden Monat ein Blatt dieses Samisdats mit dem Titel «CRYPTE» angefertigt, das er in Form von Kopien an einige Dutzend Freunde auf der ganzen Welt geschickt hat. Gedicht, Prosa, Pamphlet, Tagebuch, Rebus, Kalligramm, Collage, Liste, Litanei, Chanson: Alle Genres und Themen vermischen sich in den 54 Blättern, um den Leser zu der Erkenntnis zu führen: Im französischen «lesen» [lire] liest man auch «Wahn» [délire], in der Negation findet sich die Affirmation und die vage Vollendung lebt vom Fragment.
Die Aussendung vom September 1989 bietet uns, zwischen das kleine weisse Kästchen und den schwarzen Punkt gezwängt, die vieldeutige Kartographie unserer Fragen über den metaphorischen Parcours dieses Toten, der «nicht wirklich tot» ist.
KRYPTA (September 1989)
...t is't ? What is't ? What is...
dieses kleine weisse Kästchen ist keine Mauer
dieses blaue Band ist kein Fluss
dieser dicke schwarze Punkt ist kein Loch
dieser rote Faden ist keine Verletzung
diese Mauer ist kein Hindernis dieser Fluss
ist keine Grenze dieses Loch ist nicht
was man glauben könnte diese Verletzung
ist keine Metapher dieser Ort ist kein
Schlachthaus dieses Verbrechen ist nicht das Werk
eines Verrückten dieser Regenschirm ist keine
Nähmaschine diese Katze ist keine Katze
diese Existenz
ist kein Leben
– dieser Tote ist nicht wirklich
tot
Ein Beitrag aus der Serie «Einsichten – Aussichten» des Schweizerischen Literaturarchivs SLA, übersetzt von Christoph Roeber. Weitere Archiv-Trouvaillen erscheinen an dieser Stelle künftig regelmässig mit Einverständnis des SLA und der Autoren. Zuletzt: Grytzko Mascioni (auf Französisch und Italienisch)
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