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Katja Brunner füllt das Literaturschweiz.ch-Fragebuch aus.
- Welches ist mein schrecklichstes Literatur-Erlebnis?
«MEIN KAMPF», das Original.
- Welches ist mein schönstes Literatur-Erlebnis?
Alles, was ich jemals las von ADELHEID DUVANEL – hohe Infektionsgefahr. Und Rainald Goetz (einiges.) Für mich selbst: Als bei einer Lesung ein Sturm aufkam, Plastikplanen von Partyzelten in der Fresse.
Progressive Aggressivität der Natur. Oh JA.
Wir mussten von draussen nach drinnen wechseln, nass, kalt, errettet und ich musste meine zwei oberen Schichten von Kleidern ausziehen, weil sie so nass waren vom STURM, diesem Wetterphänomen und ein älterer Herr aus dem Publikum sagte: «Jetzt zieht sich sie auch noch aus», dann ein anderer (scherzhaft): «Zieh Dich aus, kleine Maus», da wusste ich wieder, wo das Bürgertum hingeht, wenn s stürmt und welchen Status eine AutorIN haben darf in deren Sortierungssystem.
- Was ist die dümmste Literatur-Frage, die mir je von einer Journalistin oder einem Journalisten gestellt wurde?
Ob Schreiben politisch sei. Finde ich eine saudumme Frage, da ich dachte, die Zeichen der Zeit haben uns klar genug gemacht: Dass Schreiben immer repräsentativ funktioniert. Abhandlung von Gemeinschaft ist! Sich einer politischen Besetzung nicht entziehen kann! Repräsentation ist eh politisch. Zum Glück und Unglück. Ob es politisch wirksame Arbeit ist, sei dahingestellt, aaaaber da sie Bilder und Bildvorlagen kreiert, kollektives Bewusstsein mitformt, wird sie das sein. Infektion mit Ideen und Bildern trägt einfach IMMER politische Bedeutung und Verantwortlichkeit. Gopferdammi.
- SchriftstellerInnen sollten a) fleissig sein, b) faul sein, c) ____________.
KÖNNEN SEIN WIE UND WAS SIE WOLLEN: Regelwerke für eine Tätigkeit, die von so unterschiedlichsten Instanzen ausgeführt wird, sind selbstzerstörende Bilder, weil sie keine Menschenrechte sind, sondern Freizeitverzierungen.
- Welchen Text hätte ich richtig gerne selbst geschrieben?
Das Alte Testament.
- Welchen Text bin ich richtig froh, nicht selbst geschrieben zu haben?
Das Alte Testament.
- Hat mir schon mal jemand einen literarischen Einfall geklaut? Falls ja: wie rächte ich mich?
Ich fand s süss. Die Umsetzung meiner Idee war ganz okay. Werde mich rächen, indem ich MEINE Idee himmelweit besser umsetze.
- Warum bezeichne ich mich eigentlich als: a) AutorIn, b) SchriftstellerIn, c) SchreibendeR, d) LiteratIn, e) ______________? Wie dauerte es, bis ich mich so bezeichnete?
Warum auch nicht? Prekär ist es sowieso, egal, wie man sich nennt.
- Ich würde eher a) über das Wetter reden, wenn mir an einem Apéro nichts einfällt, oder b) über das Wetter schreiben, wenn mir nichts zum Schreiben einfällt. Warum?
Immer übers Wetter reden, es hat eine transformative Kraft wie Literatur auch.
Zur Autorin
Geboren 1991 in Zürich, studierte Katja Brunner Literarisches Schreiben am Literaturinstitut Biel/Bienne und Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin. 2018 erhielt sie den Förderpreis des Kulturpreises des Regierungsrates Zürich. Gemeinsam mit Werner Rohner veröffentlichte Katja Brunner 2018 «Wie weit du genetisch vom Raubtier entfernt bist» in der Reihe essais agités. Ausserdem erschien ihr Hörspiel «Geister sind auch nur Menschen» bei Der Gesunde Menschenversand.
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