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«Du machst Fortschritte, sagte Marion, kurz bevor Paul den Löffel so ungeschickt hielt, dass ihm die Suppe dem kleinen Finger entlang in den Ärmel lief. Solche Pannen gehörten schon nicht mehr zum Alltag. Man rechnete nicht mehr damit.»
Wie es wirklich um ihn steht, kann Paul nicht sagen, er weiss es nicht. Unabweisbar ist jedoch die Vermutung, dass mit ihm irgendetwas nicht stimmt: «Er sei krank, hiess es, oder er sei krank gewesen. Ihm selbst war aber gar nicht so. Für den Vorgang, den die bekümmerten Menschen um ihn Genesung nannten, hatte er kein genaues Wort. Er sagte Besinnung dazu oder Auffrischung, Aufforstung.» Paul von Matt ist, wie sich allmählich herausstellt, aus seinem bisherigen Leben herausgekippt. Er geht nicht mehr zur Arbeit, er kann gar nicht, irgendetwas ist dazwischen gekommen. Er tappt durch seinen Alltag, den er ohne Hilfe seiner Frau Marion wohl kaum bewältigen könnte, und muss erleben, wie sein Gedächtnis ihn immer wieder im Stich lässt. Dafür erinnert er sich sehr plötzlich und überraschend an einiges, was er unmöglich so genau wissen kann, wie es ihm nun mit einem Mal vor Augen steht. In seinem Kopf hat sich etwas verschoben – wir erfahren nicht: was. Paul weiss es ebenso wenig, und manchmal weiss er auch nicht mehr so genau, wie man sich benimmt. Er sieht die Welt in nur ihm erkennbaren Zusammenhängen. Immerhin wird er, der vieles und viele vergisst, seinerseits nicht vergessen. Sein Bruder Theo taucht gelegentlich bei ihm auf, auch sein Berufskollege Steff – und allmählich ergibt sich aus vielen Facetten eine Vorstellung von dem Leben, das Paul einmal geführt haben muss. Von diesem anderen Leben erzählt Jürg Schubigers Roman «Nicht schwindelfrei». Schubiger, ein Virtuose der kleinen Verschiebung, des fast unmerklichen Übergangs, schickt seinen Protagonisten auf eine prekäre Reise ins Ungewisse. Was ihn dabei erwartet, kann Paul auch darum nicht wissen, weil er kein Erinnerungsvermögen mehr hat, er hat alles vergessen: Ihm steht nun alles offen, alles ist denkbar. Erzählt wird das Geschehen in einer Sprache, die geschmeidig und gespannt bleibt und bis zuletzt alles in Schwebe hält.
(Martin Zingg)
Zur Übersetzung empfohlen von der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia:
www.12swissbooks.ch
Haymon Verlag, Innsbruck / Wien 2013
ISBN: 978-3-7099-7139-0
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