X Schneeberger alias X Noëme entwirft in seinem Debütroman ein Leben, das auch in der literarischen Erzählform ganz eigene Wege sucht. Die Hauptfigur findet Zuflucht in einer überschwänglichen, grellen, verwundbaren Sprache, in der sich prekäre Existenz und Identität in indirekter Rede einnisten. Die Schrecken der Schutzlosigkeit und Unbehaustheit werden überlagert vom Schrecken einst, dass ihn die Mutter nicht wahrnehme. Mehr und mehr entpuppt sich dieses Doppelspiel von elektrisierender Urbanität und einer Kindheit im Vogelsang, wo sich Aare, Reuss und Limmat vereinen, als Prozess der Maskierung und Entlarvung. Die Kenntlichkeit des Individuums liegt genau dazwischen, in der karnavelsken Umkehrung dessen, was Normalität hiesse, einst wie heute. Indem die Erzählfigur schreibt und spricht, vergewissert sie sich ihrer selbst. Sie erkennt sich in ihrem eigenen Text wieder, zerbrechlich, wild, ausschweifend.
2021 ausgezeichnet mit einem Schweizer Literaturpreis.
Eine längere Rezension auf viceversaliteratur.ch
Verlag die Brotsuppe, Biel 2020
ISBN: 978-3-03867-027-8