Das literarische «was wäre wenn» ist der Motor dieser fiktiven Lebensbeschreibung, in der Zwicky rekonstruiert, was hätte sein können, wenn der Vater einst eine Stelle in Argentinien angenommen hätte. Vater wäre in Argentinien gelandet, er wäre nach Montevideo gereist, hätte den Doktor Diaz kennen gelernt, beispielsweise. Alles Mutmassungen, Phantasmen, Erfindungen über etwas, das nie stattgefunden hat, denn der Vater blieb zu Hause bei Frau und Kindern.
Dieter Zwicky kann sich schon im Titel ein Schmunzeln nicht verkneifen. Er erzählt keine stringente Handlung, sondern setzt lose Sätze und kurze Absätze zueinander. In ihren Lücken und Übergängen geschieht, was den «Zwicky-Sound» ausmacht: das Innehalten nach jedem Punkt, bevor der neue Satz anhebt. Dieses Schriftbild regt förmlich eine laute Lektüre an, bei der die mal heitere, mal grimmige Komik, der unverdorbene Sprachwitz erlebbar werden und die Lektüre zum speziellen Vergnügen machen.
Dieter Zwicky liebt die sprachlichen Volten und narrativen Krümmungen, hinter denen neue Figuren auftauchen und wieder verschwinden, wie Julio oder die Tochter Alicia, oder das rätselhafte Namibwiesel. «Welch ausgefallene Methodik», heisst es einmal, als Vater und Diaz über dieses sonderbare Tier philosophieren. Das gilt auch für diesen Text. (bm)
Schweizer Literaturpreise 2017
Aus dem scheinbaren Wildwuchs des Textes kristallisiert sich ein Muster: Das Porträt eines Vaters aus dem schweizerischen Hemmental kontrastiert mit einer anderen Version des Vaters in Argentinien. Der Erzähler stellt metaphysische Fragen, evoziert aber auch kraftvoll und genau, was man riecht, hört, fühlt, schmeckt und sieht. Seltsame Tiere wie das «beerensüchtige Namibwiesel» tauchen immer wieder auf. «Unsäglich fremd», bringen sie zum Staunen, Lachen und Nachdenken und werden so zu Figuren von Zwickys Text. (Eidgenössische Jury für Literatur)
edition pudelundpinscher, Wädenswil 2016
ISBN: 978-3-906061-09-2
"Ich erfinde einfach etwas, auch weil es gut klingt (das muss es)", sagte Dieter Zwicky an…