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«mir hei e kei angscht / will me / für angscht chönne z'ha / kei angscht / vor dr angscht / dörfti ha / mir hei e kei angscht»
Der Berner Autor und Pfarrer Kurt Marti ist beileibe kein Dialektdichter – und dennoch haben seine wenigen Gedichte in Mundart Furore über die literarischen Zirkel hinaus gemacht. «Rosa Loui» hiess 1967 der Band, mit dem er in «Berner Umgangssprache» gegen idyllisch verklärende Volkstümlichkeit antrat – in einem deutschen Verlag notabene! Schon die Themenwahl zielt auf Abgrenzung. Nicht Kühe und Bauerndörfer werden besungen, vielmehr wirft der Dichter kritische Blicke auf seine Gegenwart.
Das Titelgedicht verleiht der volkstümlichen Rosenlaui-Schlucht eine perlende Form, in der die Silben gleichsam übereinander kullern und ganz Sprache werden. «verkehrsornig» (Verkehrsordnung) setzt Vor- und Nachfahren miteinander ins Bild, «8 x vietbärn» verknüpft die heimische Ruhe mit dem Krieg «x-nöime» (irgendwo) und nimmt das eigene Christentum beim Wort. Marti zitiert und verdreht listig alltägliche Spruchweisheiten und zitiert Hundertwasser, Mirò oder Stockhausen: In der Avantgarde ist das kulturelle Erbe bewahrt. Hier findet er, wie es anderswo heisst, «e schprach / und die wäri / so schtarch / und so frei / dass / sech niemer / getrouti / se z’rede» (eine sprache / und die wäre / so stark / und so frei / dass / sich niemand / getraute / sie zu reden). Ob in Mundart oder in Schriftsprache, Kurt Marti glaubt daran, dass die Sprache befreit und hilft, gegen Dünkel und Borniertheit einen freien Geist zu bewahren. Die Vitalität der Mundart kann ein Mittel dazu sein, hat Kurt Marti seinen poetischen Erben mit Witz vorgemacht.
(Beat Mazenauer)
Luchterhand Literaturverlag, Darmstadt / Neuwied 1967
ISBN: 978-3-312-00319-8