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«Bernhard Greif beschliesst, den Tag ohne Schirm in Angriff zu nehmen. Lieber nass werden als auf Regen hoffen zu müssen.»
Bernhard Greif ist ein Fenstergucker, denn er hat Zeit. Viel Zeit ohne Arbeit. Und wenn er nicht aus dem Fenster guckt, schlendert er auf verlorenen Wegen durch die Stadt, bis es endlich Abend wird. Um nicht zu verwahrlosen, versucht er wenigstens, seinen Tag nach festen Regeln einzuteilen. Dazu gehören das wöchentliche Lottospiel und die Gespräche mit dem toten Kollegen, der in seinem Kopf ganz gegenwärtig geblieben ist. Andere Freunde hat er nicht. Vom Alltag der anderen, der respektablen Bürger ausgeschlossen, bleibt Greif dennoch hellwach. Er registriert, wie sich die gesellschaftlichen Risse auf beklemmende Weise zu Gräben vertiefen. Doch wer wie er die Kluft zwischen Ordnungs- und Konkurswelt überschritten hat, kommt nicht mehr zurück. Die Ordnung hat eben ihre Ordnung, und ihren Preis.
Jörg Steiner erzählt von einer sozialen Randexistenz, der alles abhanden gekommen ist ausser der Wachsamkeit und der Zuversicht, irgendwie. Ganz auf den Helden konzentriert, verleiht er dessen Verstummen mit präzise gesetzter, karger, knapper Diktion ganz unmittelbar Ausdruck. Was einfach klingt, ist im Kern jedoch sorgsam komponiert.
(Beat Mazenauer)
Suhrkamp, Frankfurt / M. 1996
ISBN: 3-518-40750-3