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Dumenic Andry

Sand / Sablun

"der matrose / auf seinem / papierschiff / kennt nicht / sein ziel / nur sein verlangen"

Die Gedichte des im gebirgigen Unterengadin wohnhaften Dumenic Andry sind von einer grossen Sehnsucht nach der Ferne geprägt. Wie sein Papiermatrose träumt er der Weite des Meeres, dem Sand der Strände. Es herrscht ein ständiges Hin und Her zwischen Weite und Enge, Ferne und Heimat, der salzigen Luft und der süssen Kirsche, die sich der Matrose in den Mund steckt, wenn er den hohen Mast erklimmt, wie im Gedicht «kirschenzeit». Dem Licht des Meers antwortet der «november in Ramosch» oder der Inn, der «wild» unter der Brücke durchbraust und sogleich wieder Bilder des anderen evoziert. In dieser Doppelbewegung nach Hause und in die Ferne will der Dichter sich zeigen und zugleich wieder verschwinden wie die Spuren des Vogelflugs, die Wellen im Meer oder die Spur im Sand, die sich unter dem anschwappenden Wasserfilm verliert. Allein, der Sand behält die Spur im Gedächtnis.
Dumenic Andrys Lyrik zeichnet sich durch eine ausgesprochen knappe, präzis gesetzte Sprache aus, in den Zeilen stehen ein, zwei, schon selten drei Worte – also ob sie sich offen zeigen und zugleich in der eigenen Nichtigkeit verschwinden wollen. Das ist natürlich ein raffiniertes Spiel, auf das die Leser und Leserinnen gerne mit ihren eigenen Träumen und Bildern hereinfallen. Dabei darf nicht vergessen gehen, dass Andrys Poesie innerhalb der rätoromanischen Literatur auch intertextuell eng vernetzt ist und dies mit feiner, ironischer Diskretion zu bedeuten gibt. In der Nachrede weist Chasper Pult auf den reflektierten, zugleich zurückhaltenden Charakter dieser Poesie hin, wie Andrys es selbst einmal notiert habe: «Kunst vain da Können, art da smart.»
Dumenic Andry ist ein ausgesprochener zurückhaltender Autor, der mit seinem immensen Wissen sehr behutsam umgeht. Hin und wieder aber findet sich in dem Band, wie zufällig eingestreut, dennoch die eine oder andere Bosheit, scheinbar verschämt, doch wohl gesetzt:
"gerade oder ungerade
und wenn schon
lahmärsche
gibt es
als zugabe"
(Beat Mazenauer)

Übersetzt von: Claire Hauer Pult, Chasper Pult

Originaltitel: Sablun

Edition Howeg, Zürich 2020

ISBN: 978-3-85736-333-7

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